Whu Ki — Kind der goldenen Sonne

Ralf Zehnder ist fünfundzwanzig Jahre alt, etwas dicklich und Sohn einer frustrierten, alleinstehenden Bäckereiverkäuferin. Meistens trägt er Jogginghosen, karierte Hemden und bohrt (wenn er sich unbeobachtet fühlt) tief in seiner etwas zu klobig geratenen Nase.


Eine Lieblingsbeschäftigung von ihm ist es, sich mit einer Flasche Bier im Bett liegend Videos anzuschauen. Da ist die Welt noch in Ordnung, in seiner geräumigen Dachkammer herrscht der Frieden kleinbürgerlicher Ignoranz vor der Welt, die sich ja ohnehin nicht verändern läßt.


Galaxien entfernt von der Realität muffig stinkender, ölverschmierter Maschinen in der Kolbenfabrik, die ihm an jedem Ersten des Monats seinen Mindestlohn aufs Postkonto überweist, steckt er die Beine unter die Steppdecke und streichelt genüßlich seine Videosammlung mit strahlenden Blicken. Die Auswahl ist groß, und so manche Mark seines Lohnes hat Ralf dafür geopfert, die neuesten Filme aus der Videothek zu kopieren.

Mit den Mädchen hatte Ralf noch nie so recht Glück. Meistens fehlte ihm der Mut in der größten Disko der Stadt, in der er seit seiner Geburt wohnt, eine der Begehrten anzusprechen, oder er weiß von vornherein, daß er bei den von ihm gierig angestarrten, herausgeputzten Mädchen nicht landen kann. Die Zeiten, da ihm dieses Unbeachtetsein Einsamkeit vermittelte, sind längst vorbei. Viel lieber, als sich durch den Anblick unerreichbarer, praller Weiblichkeit unter durchsichtigen Blusen frustrieren zu lassen, vergräbt er sich in seiner Bude und glotzt geil auf die Traumbabys seiner Pornosammlung.

Ganz besonders erregen ihn dabei schwarze Mädchen mit großen Brüsten, und wenn der Filmpartner einer solchen sexy Puppe seinen Penis aus dem Mädchen zieht, um sein Sperma auf die milchkaffeebraune Haut zu ergießen, spürt er ein heißes Ziehen in der Lendengegend und onaniert genüßlich zwischen Schnellrücklauf und Zeitlupe in die von der Mutter weichgespülten Laken.

Besonders gern denkt Ralf an die Sommerzeit zurück. Zusammen mit seinem Kumpel Udo war er für drei Wochen nach Thailand geflogen, ein Supersparangebot seiner Firma. Viertausend Mark, inklusive Vollpension, und jeden Abend mit den kleinen thailändischen Nutten bumsen bis zur Erschöpfung.

Dort war das überhaupt kein Problem. Man geht abends aus dem Hotel und wird auf dem Weg zur erstbesten Kneipe von Dutzenden Mädchen angesprochen, die alle nur das eine wollen. Für ein paar Mark versteht sich. Die da unten stehen ungemein auf Deutsche, heißt es, und an seinem etwas üppigen Bauch stören sich die thailändischen Mädchen gar nicht.

Überall ging dort die Post ab. Im Hinterhof, im Hotelzimmer oder im Lift. Die kleinen Biester wissen, wie man einen Mann scharf macht. Manchmal waren es noch recht junge Mädchen und manchmal sogar richtige Frauen, wobei die Statistik meint, daß so ein Busenfan wie Ralf so seine Probleme hat, eine Asiatin im rechten Format zu finden. Aber Hauptsache, man fühlt sich so richtig als Mann.

Im letzten Jahr hatte sich Ralf geschworen, wieder dorthin zu fliegen, und in ein paar Wochen ist es wieder soweit. Der Reisebüroangestellte (ein ehemaliger Schulkamerad) hatte Ralf angelacht und gesagt: „Na, Alter. Paß nur auf, daß du dir nichts wegholst, da unten. Die haben doch alle irgendwas, die kleinen Schlampen.“ „Quatsch“, hatte Ralf gedacht. „Letztes Jahr habe ich nie einen Gummi benutzt, und gar nichts ist passiert!“

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Fröstelnd hält Whu Ki noch einmal Ausschau nach einem europäischen Gesicht am Eingangsportal des Grand Hotels. Wie verwaschen zieht sich ein erster Tageslichtstreifen vom Horizont zur Stadt, um den nahenden Morgen und Ki's Feierabend in orangeblaues Licht zu tauchen.

Gestern noch hatte sie um diese Zeit den starken Arm ihres Bruders umklammert, als er sie nach kurzem Schlaf auf einer uralten Strohmatte geweckt hatte. Eine halbe Stunde später hatte sie zusammen mit den anderen Mädchen des Viertels am Rande des Marktplatzes gestanden, dort wo sich allmorgendlich die Handwerker billige Arbeitskräfte für ein paar Stunden auswählen. Wieder hatte sie umsonst gehofft, irgendeiner der alten Gesellen würde mit seinen rissigen Händen auf sie deuten, um sie für eine halbe Schüssel voll Reis bis zum Mittag arbeiten zu lassen.

Grund für die fortwährende Hoffnungslosigkeit, wenigstens einmal im Monat mit guter Arbeit ein paar Nahrungsmittel mit nach Hause bringen zu können, ist sicher ihre körperliche Schwäche und ihre zarte Erscheinung. Whu Ki ist elf und von zarter Statur, welcher Handwerker zieht ihr nicht eine ältere, kräftigere vor.

Betrübt lief sie wieder heim durch die Gassen, die, gesäumt von lehmbeschmierten Bretterbuden und zum Bersten gefüllt mit geschäftig umhereilenden Händlern und Arbeitern auf dem Weg in die nahe Fabrik, vom goldenen Morgenlicht wie verzaubert wurden. Mutter wuchtete, als sie zu Hause ankam, gerade eine alte Tonne mit schmutziger Wäsche aus der Tür, die sie jeden Tag am Fluß vor der Stadt waschen mußte. Manchmal konnte sie die saubere, noch feuchte Wäsche vor Erschöpfung nicht nach Hause schleppen. Sie ruhte sich dann meistens etwas aus, und nicht selten schlief sie abends auch mitten auf dem Nachhauseweg ein.

Für die zu spät abgelieferte Wäsche bekam sie dann nur einen kleinen Sack Reis. Das reichte gerade mal für eine Mahlzeit für die ganze Familie. Vater lag seit drei Jahren schwerkrank in der Hütte, und so mußten Mutter und der einzige Bruder jeden Tag schwer arbeiten, um die sechsköpfige Familie zu ernähren. Für Vaters Medikamente, die er jeden Tag nehmen mußte, reichte nicht einmal ein ganzer Monatslohn des Bruders.

Mutter bemerkte Whu Ki, als sie sich gerade auf den Weg zum Fluß machen wollte, und aus den Blicken des Mädchens erfuhr sie die neuerliche Enttäuschung. Langsam strich sie ihr über das glänzende Haar und blickte ihr warm, fast mitleidig in die Augen. Mutter wußte, was in der folgenden Nacht passieren würde, nur war sie außerstande, ihrer Tochter dieses Los zu ersparen. Vater würde sterben, brächte Whu Ki nicht ab und zu ein paar Dollar für die Medizin nach Hause.

Was sie dafür tun mußte, war schlimm, das wußte sogar Ki's kleine Schwester Faj Do, die mit ihren fünf Jahren bald schon soweit sein sollte, eine Arbeit zu suchen. Aber bei all dem Übel hatte die Familie wenigstens immer etwas zu essen, wenn auch nicht üppig. Nicht alle Familien im Viertel konnten das von sich behaupten. Der Tag war mit Hausarbeit und dem Hüten der kleinen Schwestern wie im Flug vergangen, und als die Sonne hinter dem Horizont verschwand, hatte sich Whu Ki gebadet und frisiert, ihr einziges Kleidchen angezogen und war in Richtung Einkaufsstraße gegangen.

In dieser Nacht verdiente sie viel Geld. Fünfundzwanzig Dollar, und dafür war sie nur bei sieben Männern gewesen. Meistens mußte sie „es“ bis zu zwanzig mal über sich ergehen lassen, bis endlich die Morgensonne mit ihrem goldenen Glanz die letzten Touristen aus den Straßen vertrieb. Ein letzter Blick zum menschenleeren Hoteleingang beendete ihre lange Nacht, und leise schlüpfte sie unter ihre Wolldecke. Zum Waschen war es noch zu früh, sie hätte sonst die kleinen Schwestern aufgeweckt.

Und so drückte sie ihr Gesichtchen fest an die alte Strohmatratze, damit sie beim Einschlafen den Spermageruch nicht wahrnahm, der an ihr haftete.

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Grunzend schlägt Ralf die Augen auf. Sofort wandelt sich sein animalisches Morgengrinsen in sanftes Lächeln, als ihm die letzte Nacht im Hotelzimmer durch den Kopf schießt. Da war er gerade mal fünf Minuten aus dem Hotel gelaufen, und schon hatte ein zierlich, weibliches: "Hey Mister, du ju wonna fack wis mie" eine heiße Nacht versprochen.

Eine junge Frau mit knackigen Brüsten hatte ihn vom Hotel aus verfolgt und angesprochen. Wie zur Begrüßung hatte sie ihre Brüste entblößt, und nachdem Ralf einmal kräftig geknetet hatte, wußte er: „Du bist mein Engel heute Nacht!“ Sofort wurde man sich handelseinig: zehn Dollar. Wow, war die geil! Zwei Stunden lang hatte sie Ralfs Ständer bearbeitet, und dann nahm er sie in allen möglichen Stellungen.

Nachdem er, wie in seinen Pornofilmen, sein Sperma in ihrem Gesicht entladen hatte, zahlte er und warf sie aus dem Zimmer. Ein tiefer, befriedigter Schlaf ließ ihn vergessen, daß schon heute Nacht sein Flugzeug nach Frankfurt gehen sollte.

Scheiße! Fort ist das Lächeln aus seinem schlafverklebten Gesicht, und Ralf nimmt sich vor, bevor er zum Flughafen muß, noch mal so eine kleine Schlampe aufzureißen. Immerhin ist es das letzte Mal, bis zum nächsten Sommer.

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Wieder hat Whu Ki den ganzen Tag die Hausarbeit erledigt, und als der Abend dämmert, schlüpft sie frisch gebadet in ihr Kleidchen, bindet sich einen Zopf und steckt sich ein rosarotes Schleifchen in das schwarz-glänzende Haar. Das hatte sie vor Monaten von einem Amerikaner geschenkt bekommen, Joe hieß er, und er war sehr nett. Nicht so einer von den schlimmen Männern und gar nicht mal so dick wie fast alle, mit denen sie Liebe machen mußte.

Nachdem Whu Ki's Freundin, die bereits einige Zeit zu den Männern ging, ihr von dem amerikanischen Geld erzählt hatte, für das sie ihrer Familie viele Lebensmittel kaufen konnte, hatte sie es selbst einmal versuchen wollen. Keine fünf Minuten hatte sie damals mit ihren zehn Jahren neben dem großen Hoteleingang gestanden, und schon nahm sie ein Mann, der eine fremde Sprache redete, mit auf sein Zimmer.

Da sie nur wenig Ahnung hatte, was sie mit den Männern tun mußte, um Geld zu verdienen, hatte ihr der Mann alles gezeigt. Eigentlich war es fast jedesmal das gleiche, nur einige verhielten sich ganz böse und taten ihr sehr weh.

Viele Männer rochen nach Schweiß, und einige wollten, daß sie alles herunterschluckte, was aus ihrem Penis spritzte. Aber den Ekel überwand sie schnell, wenn sie sich vorstellte, daß Vater sterben müßte, wenn sie die Medizin nicht mehr kaufen konnten. Mutter hatte einmal gesagt, daß das, was sie mit den Männern tun mußte, eigentlich Ehepaare miteinander tun und sehr viel Freude dabei empfinden.

Da hatte sie beschlossen, sich niemals im Leben zu verlieben. Wie kann eine Ehefrau so etwas ertragen, wenn ihr Mann solche Dinge tut? Viele Männer waren damit zufrieden, wenn sie es ihnen mit der Hand machte. Sie schaute dann einfach weg und dachte an etwas anderes. Nur wenn sie es mit dem Mund tun sollte, wurde ihr immer übel, und nachdem sie ihr Geld genommen und aus dem Zimmer gerannt war, mußte sie sich meistens übergeben.

Andere Männer versuchten in sie einzudringen, und dabei hatte sie dann furchtbare Schmerzen, aber die durfte sie nicht zeigen, weil sie dann kein Geld bekam. Wenn es nicht klappte, wurden viele Männer darüber wütend, und am Ende machte sie es dann doch wieder mit der Hand oder mit dem Mund. Whu Ki hatte überhaupt keine Vorstellung, warum sich Männer so verhalten und warum sie Besonderes dabei fühlen.

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Heute Abend steht sie nun wieder am Hotel und lächelt jedem Mann entgegen, der alleine durch die Straßen läuft.

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Der rote Lederkoffer steht gepackt neben der Zimmertür. In drei Stunden sitzt Ralf im Flugzeug nach Frankfurt. Fast ist er wütend darauf, wieder nach Hause fliegen zu müssen, aber noch hat er ja ein letztes Abenteuer vor sich. „Jetzt wird‘s aber Zeit“, brabbelt er leise vor sich hin und fährt mit dem Lift bis ins Hotelfoyer, das er eilig verläßt. „Immerhin kommt das Taxi schon in zwei Stunden.“

Links neben dem Hoteleingang sieht Ralf wieder dieses kleine, niedliche Mädchen mit der rosa Schleife im Haar. Schon vor zwei Wochen, kurz nach seiner Ankunft, hatte er sie hier stehen sehen. „Die ist doch höchstens vierzehn, und Titten hat die auch noch nicht“, war es ihm durch den Kopf gegangen, aber heute und unter diesen Umständen spürt er sogar eine heftige Erregung bei dem Gedanken an so ein junges Ding. Ein Schritt in ihre Richtung, und schon lächelt sie ihm entgegen.

"Mister, du ju..." ‚ wispert ein zartes Stimmchen, und ohne sie ausreden zu lassen zerrt Ralf sie in eine Häuserecke und faßt zwischen ihre Beine, wobei eine wohlige Wärme sein Blut brodeln läßt. „Komm mit“, befiehlt er und schleppt sie schnell ins Hotel, in den Lift und steht gleich darauf mit ihr in seinem Zimmer. Mit einer eindeutigen Geste, bedeutet er ihr, daß sie „ihn“ raus- holen soll, und sie folgt aufs Wort. Sekunden später ist sein Penis in ihrem kleinen Mund verschwunden. Mit ruckartigen Bewegungen schiebt Ralf sein Becken vor und zurück, und nicht ohne Stolz bemerkt er stöhnend, daß die Kleine an seinem Riesenständer fast erstickt.

Da sie einen so kleinen Mund hat, spürt er allerdings jeden Zahn, und das bringt ihn in Wut. Fester und fester drückt seine starke Hand an ihrem Kinn, damit sie den Mund weiter aufmacht, aber durch ihr plötzlich einsetzendes Gewimmer beißt sie noch mehr zu. Ein stechender Schmerz läßt ihn zusammenfahren, und wütend fliegt seine geballte Faust an ihr Ohr. Tränenüberströmt bricht die Kleine zusammen.

Während sie gekrümmt wie ein Engerling am Boden liegt, stellt sich Ralf auf das Kleidchen und zieht mit einer Hand am anderen Ende, so daß es in zwei Hälften zerreißt. Den Schlüpfer fetzt er ihr mit Leichtigkeit vom Unterleib und wirft sie anschließend auf das Bett. Der Anblick der ängstlichen Kleinen und die spärliche Behaarung zwischen den dünnen Beinchen machen ihn nur noch geiler. Ralf spuckt in seine Hand und reibt seinen Penis mit der Spucke ein, um damit besser in sie eindringen zu können.

Den schrillen Aufschrei des Mädchens unterbindet er, indem er ihren Mund zuhält, und langsam beginnt er sich zu bewegen. Das Mädchen krümmt sich, kann ihm aber nicht entkommen, da er mit seinem ganzen Körpergewicht auf ihr liegt. „Scheiße, die ist ja knochentrocken!“ flucht er in sich hinein und zieht „ihn“ schmerzvoll wieder raus.

Zornig und ungeduldig sieht er ihr Blut auf dem Bettbezug, will aber endlich zu Ende kommen. Fest umklammert er ihre kleine Hand und hilft nach. Als er zum Spritzen bereit ist, merkt er, daß sie wohl ohnmächtig geworden ist. So spürt sie nichts mehr davon, daß Ralf sein Sperma in ihrem Gesicht entlädt und dabei die Augen verdreht wie eine Sau beim Schlachten.

Weder spürt sie, daß er den Koffer in die Hand nimmt und das Zimmer verläßt, noch bemerkt sie das Servicemädchen, das sie vier Stunden später im eigenen Blute liegend im Hotelzimmer Nr. 405 findet.

Spürt sie die Scham der Mutter, das Elend, die Leere in ihrem Herzen, als sie den kleinen Holzsarg im lehmigen, thailändischen Boden verschwinden sieht?

Spürt sie den ersten Sonnenstrahl am Morgen nach ihrer Beerdigung, der goldglänzend den lockeren Erdhügel streichelt, unter dem sie für immer unbeachtet von der Wohlstandswelt und erlöst von ihren Kinderqualen ruhen wird?

Der gleiche Sonnenstrahl, den hoch über den Wolken Asiens der deutsche Kleinstadtjunge Ralf durch das Flugzeugfenster sieht, während er mit süßem Lächeln und in sehnsüchtiger Erinnerung leise vor sich hin spricht: „Ich komme wieder, Thailand!“

*Hier klicken zum Start des Erzählungsbandes -> “M.O. Und andere Geschichten aus dem 4. Reich” von Jens Thieme, 1994.
Jens Thieme

Playing hard, living loud, moving around fast, resting deep and enjoying it all.

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