Nein, so einfach ist es nicht - Optionen für die Klimakrise

Wenn wir jetzt nicht endlich wirklich ernst machen mit nachhaltigem Leben und Wirtschaften, werden wir bald nur noch in Notfall-, Rettungs- und Aufbaumodus sein.

Dass das immer unerschwinglicher wird, sollte klar sein.

Es war absehbar, dass wir nun viele Dinge zeitgleich und rasch ändern müssen, weil wir zu lange untätig waren. Je länger wir warten, um so teurer wird alles. Leider sind sich die (noch) zahlreichen Bremser keiner Schuld bewusst und nehmen nur widerwillig und halbherzig, oft heuchlerisch am Umbau teil.

Zusätzlich sollten wir dringend die von uns in Rekordzeit zerstörte Biodiversität und Biomasse wieder herstellen, weil die Natur ohne diese Selbstheilungskraft keine Chance gegen uns hat.

Da wir all das nur aus einer Position der wirtschaftlichen Stärke schaffen können und auch die Lücken wettmachen müssen, die beispielsweise ein Bolsonaro reisst und es auch keine ethisch vertretbaren, realistischen Szenarien gibt das Weltbevölkerungswachstum rasch auf ein erträgliches Niveau zu bringen, bleiben uns nicht wirklich viele Möglichkeiten. Auch anbetrachts derer, deren einziger Beitrag aus relativieren, bremsen und Untätigkeit oder gar Gegenwehr besteht.

Brückentechnologien müssen helfen, unsere Wirtschaftskraft zu erhalten aber aggressiv in die nächsten, nachhaltigen Generationen umgewandelt werden.
Globale Allianzen der Willigen und Fähigen müssen grosse Mengen an Investitionen in Richtung Innovationen für Nachhaltigkeit lenken.

Ein offensichtliches Problem: Bevölkerungswachstum.

Leider ist das gleich mal eine ziemlich komplexe Hausnummer.
Weil es ethisch schnell mal bedenklich bis faschistoid werden könnte und weil es nicht wirklich einfache Lösungen gibt.

Eine Reaktion auf das Bevölkerungswachstum würde sich erst in Jahrzehnten auswirken. Oftmals ist eine hohe Geburtenrate die einzige Sozial- und Lebensabsicherung und/oder kulturell konnotiert. Das dauert also alles viel zu lange.

Zudem beträgt der ökologische Fussabdruck geburtenschwacher Völker ein Vielfaches gegenüber geburtenstarker Völker: Correlation between HDI and Ecological Footprint | Knowledge for policy (europa.eu)

Um Ressourcenverbrauch spürbar über das Bevölkerungswachstum zu regeln, müssten also die entwickelten Völker die ohnehin niedrigen Geburtsraten gegen 0 anpassen. Damit könnten diese Volkswirtschaften nur durch massive Migration überleben. Und falls das die einzige Stellschraube wäre: müsste man zeitgleich verhindern, dass diese Migranten den gleichen schädlichen ökologischen Fussabdruck annehmen.

Dann wären zwei Dinge realistischer: die Bevölkerung in den entwickelten Ländern baut die Ressourcenverschwendung so ab, dass die Wirtschaftskraft erhalten bleibt und gleichzeitig wird in den geburtenstarken Regionen für Wohlstand gesorgt, der aber auch nachhaltige Lebensweise fördern muss, um hier nicht das gleiche Ressourcenverschwendungsproblem zu kreieren.

Aber es gibt Hoffnung

Heute sind die Chancen dazu besser denn je, weil inzwischen sehr kräftige, global integrierte Programme beginnen zu greifen. Daraus ergeben sich grandiose Chancen:

Die Nachhaltigkeitsentwicklungsziele der UNO, die globalen Taxonomieanpassungen und der EU Green Deal sind dazu wichtige Stellschrauben:
17 Ziele | Vereinte Nationen - Regionales Informationszentrum für Westeuropa (unric.org)

Nachhaltiges Finanzwesen und EU-Taxonomie: Kommission unternimmt weitere Schritte, um Geld in nachhaltige Tätigkeiten zu lenken | Deutschland (europa.eu)

Europäischer Grüner Deal | EU-Kommission (europa.eu)

Der Einfluss der Taxonomie und viele andere globale Programme befeuern, verstärken und ergänzen einander. Beispiel EU Taxonomieeinfluss auf US Finanzsysteme und Investitionen in Nachhaltigkeitinoovation und -lösungen:
The Ripple Effect of EU Taxonomy for Sustainable Investments in U.S. Financial Sector (harvard.edu)

In nicht allzu langer Zeit werden Unternehmen grosse Schwierigkeiten bekommen, signifikante Investitionsgelder zu bekommen, wenn sie keine Nachhaltigkeitsinnovation oder zumindest nachhaltiges Wirtschaften nachweisen können. Auch das kann eine grosse Stellschraube und Innovationsmotor werden.

Die Politikbalance

Die Politik muss nun robuste Mehrheiten organisieren, damit die Gesellschaft einerseits Wohlstand und Wohlergehen in nachhaltiger Form weiter ausbauen kann und damit umweltschädliches Verhalten und Wirtschaften ersetzt.

Die Robustheit und Geschwindigkeit werden dabei bestimmen, ob wir die Klimakrise überwinden können. Und ja, vielen Nationen wird es nicht gelingen aktiv an diesem Wandel teilzunehmen. Aus politischen und wirtschaftlichen Gründen. Deswegen müssen die grossen Emittenten dringend besser zusammenarbeiten.

Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass und warum die Politik komplett überfordert ist, was die wirtschaftliche Stärke betrifft, die nicht nur den sozialen Frieden erhalten wird, sondern auch die Investitionen in Nachhaltigkeit und Umweltschutz sicherstellen muss.

Ein paar Beispiele:
Wenn die Stromversorgung nicht sichergestellt werden kann, sollte man sich mal die wirklich grossen Verbraucher anschauen. Wenn die Stahlindustrie ihre Hochöfen und Bearbeitungsanlagen oder die Chemieindustrie ihre Cracker abstellen müssen, ist der ripple effect gigantisch. In jedem Produkt das durch unsere Wertschöpfungsketten fliesst, steckt Chemie aus dem downstream. Produkte von thyssenkrupp stecken in den wichtigsten Wirtschaftszweigen Deutschlands wie Maschinenbau und Automotive.

Die derzeitige Realität:
Würden grosse Stahlerzeuger ihre gesamte derzeitige Energieerzeugung und -speicherung auf Wasserstoff umstellen, würde das lediglich für ein paar Minuten Produktion ausreichen.

Steigt der Energiepreis für den Chemiekonzern BASF für seine Cracker noch einmal um 20-30 %, könnte er seine Produkte nicht mehr konkurrenzfähig anbieten. Ein denkbarer logischer Schritt wäre die Verlagerung in die Äquatorialregion, um die Cracker und andere Industrieanlagen mit Solarstrom zu betreiben. Mit den entsprechenden Auswirkungen auf die gesamten Wertschöpfungsketten, auf die gesamte Wirtschaft. Und dann gäbe es null Geld für den Umweltschutz.

Gegen all das ist die E-Mobilität ein Papierfähnchen auf einem Kindergeburtstag.
So ehrlich muss man sein, auch weil die Politik sonst mit allem Recht der Welt dafür kritisiert wird, nicht vorausschauend zu agieren und zu entscheiden.

So, welche Optionen bleiben uns dann?

Fazit: es wird nicht nur richtig teuer und echt lange dauern, es wird auch notwendig dass Brückentechnologien akzeptiert und ausgebaut werden, und vor allem, dass alle (wirklich ALLE) gut zusammenfinden und zusammenarbeiten.

Das wird die gigantischste Kraftanstrengung der Weltgeschichte.
Entweder wir stecken die Köpfe in den Sand oder wir akzeptieren das und machen das Beste draus. Beispielsweise durch erhöhte Innovationstätigkeit, die finanziert wird durch das Umleiten von Investitionsgeldern in exakt diese Entwicklungen, statt in McDonalds Aktien.

Der Weltklimarat (IPCC) gibt Ratschläge und Hinweise zur Eindämmung der Klimakrise.

Der Bericht des Club of Rome "Earth for All" aus dem Jahr 2022 gibt weitere Handlungsempfehlungen.

Hier noch ein paar Simulationen zur Inspiration:

En-ROADS (climateinteractive.org)
C-ROADS (climateinteractive.org)

Und darf ich am Ende die EU noch darum bitten das Outsourcing der Klimaschäden zu überdenken:

How the American South is paying the price for Europe's 'green' energy (cnn.com)
UPDATE-800-signatures_Scientist-Letter-on-EU-Forest-Biomass.pdf (pfpi.net) {Update 2021}


Jens Thieme

Playing hard, living loud, moving around fast, resting deep and enjoying it all.

https://jens.thie.me
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